Konzertberichte

Gee Strings (DE) // 18.02.2023 // Slow Club // Freiburg (DE)

77 Punkrock. Also back to Mitte/Ende 1970 als es die Sex Pistols und die Ramones noch gab, Heroin noch nicht die Kreativität erstickt und Sid Vicious noch niemanden auf dem Gewissen hatte. 74-77, Detroit, New York, dann London. Sehr gut an der Zeit damals: Johnny Rotten wollte definitiv noch nicht zum Eurovision Song Contest (was uns die Iren gerade gottseidank erspart haben). Raw Power. Wem das nix sagt => schleunigst die zweite Folge der fantastischen Doku „True Story of Punk“ in der ZDF Mediathek anglotzen, solang dieser Diamant dort noch erstrahlt. Produziert von niemand geringerem als dem wildesten Herzen des Punkrock, Iggy Pop.

Die Corona Angst ist weitgehend aus den Köpfen – und Konzerte sind derzeit vor allem eins: Ausverkauft. Gleiches hat Ex-gigblog-Kollege Holger ja auch für den Stuttgarter Raum festgestellt. Als ich viel zu früh im SlowClub ankomme, fliege ich fast in Ohmacht als ich die Schlange vor der Abendkasse seh – bissl wie in Ostberlin anno 1988 wenn’s mal irgendwo was gab. Gut so!! Und das, obwohl eine der beiden Bands heute Abend krankheitsbedingt ausgefallen ist (Pirx). Sagenhaft. Ich hoffe, die vielen Leude, die nicht ins Wohnzimmer des feinen Geschmacks reingekommen sind, hatten trotzdem nen duften Abend, woanders halt.

Die Gee Strings sind aus Aachen / dem Rheinland nach Freiburg gekommen. Und das ist gut so, meint Frontfrau Ingi Pop, weil im Rheinland ist gerade Karneval, und dann immer nur Ficki-Ficki im Nebenzimmer, ihr wisst ja, sagt sie. Sie haut während des Konzerts so ziemlich die gesamte Klaviatur an Vulgarität raus. Trotzdem schafft sie es, das ganze dermaßen charmant zu verpacken, dass es sympathisch rüberkommt. Sagenhaft! Dadurch umgibt sie eine unglaublich starke, sexuell aufgeladene Aura, und das im fortgeschrittenen Alter, wie an den zahlreichen Falten, welche ihr sicherlich nicht nur trauriges Leben auf ihrem Körper hinterlassen hat, erkennbar ist. Hot! Eine Million mal besser als Mick Jagger, bei dem’s teilweise einfach nur noch hochnotpeinlich ist.

Einszwodreivier – los geht´s! On The Run. Von null auf Hundert aus dem Stand. Alle vier Bandmitglieder sind 100% voll da ohne Kompromisse, in your face nach vorn. Es folgt Song auf Song auf Song – genretypisch maximal zwei Minuten lang, eh klar. Bämm bämm bämm. Ich hatte mir vorgenommen, was zu den einzelnen Songs zu schreiben aber hey – es ist Punkrock, da geht des halt net. Punkrock kann man nicht lesen, man muss ihn in seiner wilden Intensität erleben. Ich lass mich also mit dem Foto in der Hand reinfallen und hol mir das eine oder andere oder noch ein weiteres Elzacher, hab ja eine Hand frei. Was für ein Bier, passt heutabend! Getränketechnisch wissen die feinen Leude vom SlowClub übrigens nicht nur, wie man mit dem Publikum umgeht, auch auf die Bühne werden situationsangemessene Getränke gereicht.

Zwischendrin hält mir Ingi dann noch das Mikro hin zum Mitsingen und ich kann ihr das nicht abschlagen. Mit den Worten „halt das doch bitte für mich, Schatzi“ gibt sie mir später ihr zweites Mikro und weil sie so nett gefragt hat, mach ich das dann auch. Es geht weiter rund! Rampensau Ingi ist gleichzeitig auf, vor und neben der Bühne, der Trommler drischt nach vorne, der Bassmann gibt alles und der Typ mit der Les Paul um den Hals versteht sein Handwerk. Rund würd ich sagen, sehr rund.

Dann ist erstmal Schluss. Nur kurz, denn die Gee Strings werden zurück auf die Bühne gebrüllt, alle wollen Cherry Bomb hören. Im gewohnten Tempo fliegen wir auch durch die Encores – vielleicht sogar noch wilder und noch mehr gepushed. Dann ist tatsächlich Schluss. Die Energie steht noch im Raum, der Punkrock DJ legt auf, alle stehn rum und sind erstmal geflashed.

Ich geh raus und kauf bei Ingi am Merch ein Shirt in M. Ingi meint erst, es wären nur taillierte Damenshirts da und ich sag: Egal, bin wahrscheinlich eh zu >25% feminin. Sie erklärt mir dann, dass sie dafür männlich sei. Tiefgründige Gespräche am Merchstand, endlich schreibt das mal jemand auf.

Wenn’s am besten ist, soll man loslassen, und genau das mach ich jetzt: Ich setz mich auf nen störrischen, eselartige Töne von sich gebenden Frelo-Bock und reit durch die Nacht Richtung Norden nach Hause. SlowClub, I’ll be back.

P.S.: Am Montag nach dem Konzert meldet sich Bernie (der mit der Les Paul) bei mir und bedankt sich sehr anständig für den Bericht und die Fotos. Find ich voll nett und bin bissl berührt, da ich manchmal denk, ich mach den Blog hier so als Meditations-Mandala für mich selber… egal. Viel wichtigeres Thema: Die Gee Strings bringen im Sommer ihr neues Album raus und gehen damit auf große Tour – inklusive Slow Club, eh klar weil beschder Club! Also liebes SlowClub Personal: Kauft schonmal ausreichend Elzacher für den Mischi ein, denn der hat mit Sicherheit nochmal so richtig arg Bock drauf!!

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