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Kultur entlang der Grenzen / Culture le long des Frontières

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The Wave Pictures (UK) // 22.02.2023 // Swamp // Freiburg (DE)

Frodo Beutlin aus dem Auenland mit seinen Gefährten Lance Armstrong und Mischa Ballack ham jetzt ne Band und spielen direkt vor meiner Nase in den Totensümpfen auf dem Weg nach Mordor. Oops hab ich jetzt zu viel vom sehr sehr guten Ganti Pils genossen (die zuständige Brauerei kammer sogar durch`s Fenster direkt gegenüber sehn)? Kurz Kopf schütteln und dann klärt sich das Bild doch noch – Da stehn die drei Jungs von The Wave Pictures, alles gut, durchatmen.

Bissl wie die Hobbits kommen se schon rüber. Eingehüllt in 100% sexappealfreie Baggyjeans, Flanellkarohemd, megaunauffälliges Missouri-Shirt oder Altherren Aufnäher Hemd, der Bassist versteckt sich zudem noch hinter ner billigen Sonnenbrille aus den 80ern. Sprich come as you are. Und zu allem lassen die drei auch noch demütig die Köpfe hängen wie geprügelte Hunde. Dannoch Schuhe, die aussehen als seien sie mehrmals beim Tapezieren getragen worden. Das Schlagzeug is vermutlich Marke Playmobil mit so nem Kinderdings aufm HiHat, Omas alte Schmusedecke in der Bassdrum, Jazzbesen zum achtsam und ja nicht zu laut rhythmieren am Start, es schreit so laut DEMUT dasses nicht zu überhören ist. ABER: Gleichzeitig hat der Sänger und Gitarrist eine rote SG umhängen, die Gitarre des Teufels/Luzifers/gefallenen Engels. Mit Sonnenblumen Strap. Ey Leude da ist doch was sowas von oberfaul, das schreit zum Himmel denk ich bei mir, ich krieg’s aber vorerst noch nicht raus was da los ist.

Los geht’s in das Universum der Coming-of-Age-Liebessongs der Wave Pictures. Bittersweet, Hoffnung, immer Träne im Auge, Melodielinie immer von oben den Bach runter. Bestes Beispiel: I love you like a madman // I miss you all the time // I wait for the morning // I will wait all night. Alles klar, oder? Stimme halb heulend direkt aus der demnächst verletzt werdenden Seele. Wie bei Cry Baby von John Waters, wo die girls wegschmelzen sobald sie die bittersüßen lovetears von Johnny Depp sehen. Wir hier im Swamp Publikum ernähren uns heutabend sogar von den süßen Tränen des Wave Picture Sängers David Tattersall so wie sich die Rowdy 3 bei Dirk Gently’s Holistic Detective Agency von den negativen Gedanken Amanda Brotzmans satt essen. Die wiederum ist die Schwester von Tedd Brotzman, gespielt von… oops da simmer wieder bei Frodo Beutlin, sprich Ringschluss, Auenland, wisst ihr Bescheid. Und genau im Auenland Moment wenn alles perfekt ist keimt die Verlustangst. Genau das ist die Musik der Wave Pictures. Songs mit banger Hoffnung, gleichzeitig die Ahnung, dass das alles auf die Grundmauern abbrennen wird irgendwann bald. Der Soundtrack von Hermann Hesse, unserem Schwarzwälder Urahn, der zu der Musik hier bestimmt schön mitgewippt hätt. Neben ihm auf Could No. 9 sitzend das große warme Herz des Swamp, Chico. Mit nem kalten Ganti, voll dabei. Nicole, die richtig gute Bookerin des Swamp hat mir verraten, dass die Wave Pictures immer die Favoriten von Chico warn. Und Chico, das war glaub so einer, bei dem war bittersweet ziemlich oft der Geschmack des Tages. So Chris Isaak mäßig halt, ihr wisst schon. Insbesondere beim Fußball, denn Fan sein heißt heiße Hoffnungen hegen, dieses Mal gewinnen wir in München, dann Stich ins Herz, hilft nur noch Lieblingsplatte auf den Spieler legen und 50x anhörn. Cheers Chico, schade dass wir uns nie getroffen ham!

Ich hab grad beschlossen, nicht über die einzelnen Songs zu schreiben, das müsst ihr schön selbst explorieren. Ich schreib auch nix und interpretier auch nix dass da immer mal wieder mal Cowboy Country reinmorphed. Das soll doch bidde der werte Kollege Joe nächste Woche im gigblog übernehmen. Der is meiner bescheidenen Meinung nach der beste Auskenner in Sachen Musik unter dem Himmelszelt und der kann des, ich bin unwürdig / demütig.

Ich schreib auch nix drüber, dass David die dünne e-Saite gerissen ist. Auch nicht, dass es trotzdem fix weiter ging da David das Stimmgerät eh dauerhaft an seiner SG dranhat. Wavepictures-artig in der Erwartung, dass demnächst irgendwann eh ne Saite reißt, memento mori Hilfsbegriff. Leider ist kein Gitarren- oder Saiten-Ersatz da, egal. David kann auf Abnutzung spielen like a boss und transponiert die Soli einfachkurzma runter auf die verbliebenen Strings ohne auch nur mit dem Mundwinkel zu zucken. TATTERSAL-GITARRENGOTT könnte die Südkurve unseres SC jetzt rufen. Aber wir sind ja im Swamp, da findet die Anerkennung eher im Stillen statt. Ich schreib übrigens auch kein Sterbenswörtchen drüber, dass sowohl Dave als auch Franic x-mal technisch hervorragende Soli auf Gitarre und Bass rausgenudelt ham, und zwar net nur so übliches Technikschnellschnellgewichse sondern berührend! Insbesondere aufm Bass war mir des neu, wusste gar net dass man die dünnen Saiten so weit oben am Hals gescheit spielen kann aufm 4Saiter. Chapeau. Und in meiner grenzenlosen Lethargie mach ich mir heut noch netmal ansatzweise die Mühe, was drüber zu schreiben, dass der Drummer Johnny Helm auf einmal aufsteht und direkt aus seiner Seele ein 1a Van Morrison Cover von sich gibt, dabei wäre des unbedingt erwähnenswert gewesen. Von ihm angekündigt -is ja klar- dass es NIEMALS auch nur minimal annährend an den großen Meister rankommen wird. Hab ich anders erlebt, aber er wird es mir niemals nicht glauben. Alle sind angefasst im Swamp, kein Witz. Hope it don’t rain all day // And it stoned me to my soul // Stoned me just like Jelly Roll.

Dann die Encores. Dazu schreib ich jetzt wieder was, sonst ist der Artikel ja so kurz. Natürlich Spaghetti, das wollen die Leude hier hörn. Ein Hit vor dem Herrn. Ich beschließe, David nach dem Konzert endlich zu fragen, warum er eine SG spielt. Aber er beantwortet das beim letzten Encore einfach selbst (zwischendrin waren einige Powerchords zu hören, da hatte ich schon bissl ne Vorahnung). Eine Art Medley aus Thunderstruck und Miserlou. Okayokay. Der Teufel sammelt Karmapunkte um wieder heim in den Himmel zu kommen. Im letzten Leben Rock’n’Roll mit alles und scharf, jetzt demütige gute Taten, im nächsten Leben vielleicht Harfe über den Wolken zusammen mit Chico und Hermann. Is ja eh das einzig Vernünftige.

Fazit des Abends: Ich muss das Mysterium der The Wave Pictures noch ein wenig ergründen, die scheinen vielschichtig zu sein. Da sind mindestens noch 3-10 Konzerte im Swamp fällig. Aber ich hab‘ ja noch ein paar gute Jahre vor mir, I frei mi so. Jetzt is aber Joe vom gigblog dran. Bei Annette und X-tof im Merlin in Stucknang, der autofreundlichen Dauerbaustelle (früher unter dem Namen Stuttgart bekannt, umgetauft seit der unsäglichen feindlichen Übernahme durch den Backnanger Ex-OB). Ich vermisse beide. Und den Joe eh. Bin gespannt.

P.S.: Holger vom gigblog war vor 10 Jahren bei The Wave Pictures im Komma und wenn ich seinen Bericht nachträglich durchles stell ich fest: die sind sich treu geblieben in allem scheins. Zumindest EINE Konstante in dieser sich ständig durchwirbelnden Welt.

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